Wittingau (besser bekannt als  cz: Třeboň) liegt 30km westlich von Litschau (NÖ), Österreichs nördlichstem Punkt, und nur 115km von Linz.

Das fällt für mich unter „vor der Haustüre“. Kein Flug, kein Zug, kein Hotel ist nötig. Dieser Marathon ist von Linz aus mit dem Auto locker an einem Tag zu machen. Angemeldet bin ich seit Monaten. Ich bin gespannt, was der 1. Třeboňský Maraton zu bieten hat.

Erst einmal Nebel auf der Anreise durch Wald und Feld bei 6°C. Parken kostet in Třeboň 20 Kronen/Stunde. Mangels Kronen suche und finde ich relativ zentral einen Gratisabstellplatz. Ganz in der Nähe der Volksschule, wo die Startnummern ausgegeben werden. Über 700 Marathonis sind angemeldet, und das in einem Ort mit nur 8.600 Einwohnern dessen Zentrum UNESCO-verdächtig ist. Das Augustinerkloster wird gerade renoviert, das Schloss der Schwarzenbergs sieht bereits renoviert aus.

Hier war einst Sumpfgebiet, nun gibt es hier Teichsysteme, 500 Karpfenteiche sollen in der Gegend sein und sehr viel Wald, ein Naturschutzgebiet. Da drinnen werden wir uns heute hauptsächlich bewegen.

Die Hoffnung auf Sonne erfüllt sich leider nicht. Die Zeit bis zum Start verbringe ich in einem Supermarkt, denn was der Lautsprecher da draußen auf tschechisch von sich gibt verstehe ich nicht, außerdem hat es keine 10°C als es um 11 Uhr losgeht!

Auf mittelalterlichem Pflaster starten wir am Masaryk Platz. Jeder Ort in Tschechien hat mindestens einen  Masaryk Platz. Hier am Start haben wir viele Zuseher, das wird sich rasch ändern. Nach uns starten noch 740 auf der Halbmarathonstrecke. Wir überqueren den Goldenen Kanal (zlatá stoka) und laufen auf der Dukelská Richtung Bahnübergang.

Hellweiß blinkendes Licht vor uns und „POZOR VLAK“. Wir laufen aber nicht über die Schienen sondern biegen kurz davor rechts ab. Auf einem Radweg - Radwege gibt es hier viele, es ist auch schön flach - laufen wir nun entlang dem Schwarzen Kanal, km1.

Viel zu eng ist es hier für so viele Starter. Das bunt gekleidete Starterfeld zieht sich in die Länge.

Dann verschwinden wir im Wald, ein paar uralte mächtige Bäume sind zu sehen.

Km2, Fahrverbot für Autos, auf einer asphaltierten Straße, gerade breit genug für einen handelsüblichen LKW, geht es weiter.

 

Die Straße schlängelt sich durch den Wald, nach der ersten Labestelle wird das Geläuf schwierig und die Strecke geometrisch. Schnurgerade geht es auf einer Betonspur weiter. Links Betonplatten, rechts Betonplatten, dazwischen wächst irgend etwas, das alles auf LKW-Breite, 2,5m also.

Die Betonplatten sind vielfach zerbrochen und liegen durchaus nicht eben da, sondern oft irgendwie verkantet. Wenn da keine Platten sind dann liegt da Geröll. Die Steine kennt man vom Gleisbett oder vom Saunaofen. Aufmerksames Auftreten ist dringend zu empfehlen, zumal durch den Hochnebel das Licht diffus ist. Ein Knöchel ist schnell verletzt. Außerdem bewege ich mich im Pulk, ständig habe ich jemanden neben, vor und unmittelbar hinter mir. Mich überrascht, dass ich für die ersten 8km nur 46min brauche, der Herdentrieb wahrscheinlich.

Da ertönt von hinten Geschrei. Vor dem schnellsten Halbmarathoni versucht ein Radfahrer die Strecke freizurufen. Wie ich hinterher erfahre macht der das zuerst recht befehlend. Als er wegen seines Tons geschimpft wird dann freundlicher mit „Bitte“.

Die rechte Spur gehört nun den schnellen Halbmarathonis. Das geht so halbwegs, bis bei km9 der führende Halbmarathoni bereits am Rückweg ist. Und nun seine rechte Spur für sich reklamiert. Es ist echt stressig weil gefährlich.

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Selber laufe ich im dichten Pulk der sich mit etwa 5‘50“ bewegt, rechts werden wir von Halbmarathonis überholt die unter 1h30 ins Ziel wollen, links flitzen uns die HM-Sieg-anwärter entgegen. Ich habe manches schon erlebt, aber so etwas noch nicht! Dazu kommt der schlechte, schiefe und teilweise lose Untergrund welcher höchste Aufmerksamkeit erfordert. Und ich sollte längst was trinken! Das spüre ich überdeutlich.

Trinken traue ich mich aber jetzt nicht, denn dazu müsste ich das Tempo rausnehmen und dann ist hier der Bär los! Wenigstens ändert der Straßenbelag auf Asphalt, das macht es etwas einfacher. Kurz vor Viertelmarathon biegen die Halbmarathonis links ab und laufen zurück.

Ich bin echt erleichtert und kann es endlich wagen zu trinken, höchste Zeit!

Ab dieser Labestelle haben wir nun erstklassigen Asphalt unter den Sohlen, juhu!, und meine Gesäßmuskulatur erholt sich nach dem Trinken auch bald.

Für eine Weile wird es wieder kurvig bei leichtem Auf und Ab. Nach km13 erreichen wir ein zweispurige Straße auf der wir einige 100m leicht ansteigend laufen, vier Autos kommen uns im Schritttempo entgegen. Noch vor km14 geht es wieder rechts weg, wir sind nach wie vor ständig im Wald! Zweimal geht es über einen Bach, mehr nicht.

Geradeaus geht es weiter, da es leicht ansteigt sieht man weit nach vorne, dafür geht es wenig später wieder runter, steil ist es nie.

Eine 2,5m breite Straße, beiderseits ein ca. 80cm tiefer Straßengraben, dahinter Bäume so weit das Auge reicht. Bei den diversen Labestellen brauche ich etwas länger, da ich bei Bedarf meine Getränkeflasche bis fast nach oben auffülle. Das hole ich aber sofort auf, sodass ich längst in „meiner“ Gruppe laufe, einmal ein paar Meter weiter vorne, dann ein bisschen weiter hinten. An den Abzweigungen steht ein Helfer mit Signalweste und gibt die Richtung für die nächsten 2 oder 3km vor.

Mit den Karamellriegeln habe ich nichts angefangen, die sind steinhart und somit nichts für meine Zähne. Nicht einmal als ich jung war hätte ich da reingebissen.

Bei km20 nehme ich mein erstes von zwei PowerGels, das hat sich bewährt.

Im Vorfeld wurden wir ersucht, Verpackungsmüll nur an den Labestellen zu entsorgen. Über den gesamten Marathons bin ich überrascht, wie sehr sich fast alle daran halten. Nur ganz selten liegt wo ein Stück Folie, sicher keine zehn am ganzen Marathon.

Wenn die Straße in Windrichtung verläuft kommt es schon vor, dass es unangenehm zieht aber hinter der nächsten Abzweigung passt es wieder. Ich bin ähnlich „schnell“ wie bei meinen letzten zwei Marathons. Sogar eine Spur schneller, dabei ist das Geläuf ungleich schwieriger als bei City-Marathons.

Optische Reize bietet die Strecke eher keine. Kurz nach Halbmarathon überholt mich ein junger Kerl in grünem Shirt und der stinkt gewaltig. Der ist wohl mit einem verschwitzten Shirt an den Start gegangen und nun verpestet er die Luft hinter sich. Ich lasse mich sogar zurückfallen, damit ich seinem Dunstkreis entkomme. Zum Glück ist der ein Einzelfall.

Ich trabe so dahin, Bäume links und rechts, die Leute um mich kenne ich schon auswendig, als sich an einer Abzweigung eine Wasserstelle auftut. Vorhin war km28, ich bin seit exakt drei Stunden unterwegs. Da ich noch genug Enervit in meiner Flasche habe beschließe ich, diese Labestelle auszulassen. Ich biege links ab, da springt jemand auf mich zu und ruft „Herbert! Herbert!“ und lacht. Ich bin völlig baff. Meine Cousine Regina und ihr Peter überfallen mich. Sie hätten nicht gedacht, mich noch zu erwischen. Die Freude ist groß, so oft sehen wir uns auch wieder nicht. Da ich noch im Rennen bin ist die Unterhaltung eine recht kurze. Trotzdem, was für eine schöne Überraschung!

Km29 – unglaublich, beim Ortsschild „Majdalena“ verlassen wir nach 27 Kilometern tatsächlich den Wald! Endlich Abwechslung für die Augen. Wiesen, ein paar kleine Bauernhäuser und einige Zaungäste die uns sogar anfeuern. Nur kurz sieht man was von der Gegend, das km30-Schild steht schon wieder im Wald.

Kurz bevor wir das letzte Viertel in Angriff nehmen, es ist beinahe deckungsgleich mit dem ersten, laufen wir am einzigen Karpfenteich des Marathons vorbei. Der ist leer gefischt und trocken gelegt. An seinem Ufer stehen und sitzen ein paar Leute mit 2 Kisten Kozel-Bier und einem Tee-Tank vor sich. Vor dem Haus gegenüber werden geschickt Karpfen filettiert. Ich fülle meine Flasche an der Labe und nehme den Streckenabschnitt in Angriff, der nicht nur mir am Hinweg so viel Stress bereitet hat.

Hier verliere ich alle Teilnehmer „meiner“ Gruppe, ich tanke einfach schneller auf.

Nun, da sich das Feld so in die Länge gezogen hat und die Halbmarathonis längst im Ziel sind läuft es sich gleich angenehmer. Wobei, der Abschnitt „Gleisbett“ ist auch jetzt nicht lustig kommt mir nun als Solist aber gar nicht mehr so lange vor.

Ich laufe auf den Iltis J.K. auf und wechsle die Spur. Als er kurz geht überhole ich ihn. Ich höre wie er wieder zu laufen beginnt. „Du überholst mich nicht mehr!“ Das schwöre ich mir. Dieser Iltis muss hinter mir bleiben!

Bei km34 nehme ich mein zweites PowerGel. Das Rennen ist vier Stunden alt, als sich  tatsächlich die Sonne durch den Hochnebel gekämpft hat. Ganze 18min lang ist sie zu erkennen. Nur die Lenka darf mich überholen.

Nun stehen da wieder die zwei mächtigen, teilweise verwitterten, alten Bäume, und da steckt mein Lieblingsschild im Boden: km40.

Wir müssen ein kurzes Stück in eine Sackgasse laufen, Wende, da sehe ich Iltis J.K.

Der weiß gar nicht, wie sehr er mich anspornt.

Raus aus dem Wald, man sieht nun die Türme von Třeboň. Es geht am Radweg entlang dem Schwarzen Kanal zum Ziel. Der Schlussabschnitt ist etwas anders als der Hinweg, kurz vor einem schmalen Brücklein, an Kleingärten vorbei, sitzt eine junge Fotografin und scheint mit dem Bild das sie soeben von mir gemacht hat recht zufrieden zu sein.

Drei Spaziergänger feuern mich noch an, ein Streckenposten winkt mich nach rechts, die drei vor mir bedeuten mir wenig später nach links zu laufen und schon bin ich durchs Stadttor durch und am Masarykovo námesti.

Mit 4h30:39 netto laufe ich ziemlich happy ins Ziel, ein gutes Gefühl!

Diese Zeit hätte ich mir heute nie und nimmer zugetraut, sie reicht für Platz 471.

Mein Lieblingszitat passt so gut: 

Wenn ich das Beste aus meinen Möglichkeiten gemacht habe, dann habe ich mein Rennen gewonnen!“ Ja, das habe ich, mehr war nicht drinnen.

Ein Mädchen begrüßt mich mit Handschlag, drückt mir eine Wasserflasche in die Hand und dekoriert mich mit einer bedruckten Holzplakette als Erinnerungsmedaille-Ersatz.

Ich komme gerade recht zur Siegerehrung die einmal mehr ohne mich stattfindet.

Da es nicht übermäßig warm ist sehe ich zu schleunigst an meine trockenen Sachen in der Základní škola zu kommen. Dort sehe ich, dass ganz viele Startnummern gar nicht erst abgeholt worden sind.

Nachdem ich stadtfein bin sehe ich mir noch einmal den Zielbereich an, denn Třeboň ist durchaus sehenswert. Dabei läuft mir Stanislav über den Weg. Er hat etwas abgenommen und war deshalb heute deutlich schneller als zuletzt. Wir zwei kennen uns schon von vielen Marathons in Ö und CZ denn er spricht ganz gut deutsch. Gut genug jedenfalls um mich auf ein Bier der örtlichen Brauerei Regent einzuladen sodass wir den Marathon noch etwas nachbesprechen können.

Dass es ein Fehler war, die Halbmarathonis so knapp hinter den Marathonis starten zu lassen, darüber sind wir uns einig. Es war heute der 1. Třeboňský Maraton, beim zweiten kann man diesen Fehler ja vermeiden. Bei so vielen Teilnehmern wie da heute waren, wird es gewiss einen 2. Wittingau Marathon geben. Davon bin ich überzeugt.

Die schnellsten Marathon-Damen:

Ivana  Sekyrová                   2h56’44“

Jana Zímová                        2h59’50“

Alena Kriklová                      3h02’01“

 Die schnellsten Marathon-Herren:

 Jakub Exner                        2h42’25“

 Josef Veber                         2h42’30“

 Václav Holub                      2h42’41“

574 Marathonfinisher

734 Halbmarathonis im Ziel

_ _ _ _

Startgeld 44,- EURO (v.a. wegen der hohen Bankgebühren!) 

StartNr. mit Chip drauf

bedrucktes Finisherholzplättchen (eine Medaille ist etwas anderes)

Labestellen ca. alle 5km, Wasser, Rosinen, Bananen, Enervit, Karamellriegel, Corny

37 der 42km im Wald auf Forstbringungsstraßen

Ziellabe: Wasser (Nahrhaftes kann man bei div. Ständen am Masaryk Platz günstig kaufen.)

Duschmöglichkeit, Garderobe + Kleiderbeutelabgabe in der Volksschule

Parkgebühren  24/7

Trebon Marathon 8 1540322438

 

Trebon Marathon 11 1540322438

Trebon Marathon 94 1540322440

Trebon Marathon 67 1540322442

Trebon Marathon 69 1540322443

Trebon Marathon 48 1540322473

 Fotos (c) Herbert Orlinger


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