Als ob der Coronavirus nicht schon genug Schaden im Laufsport angerichtet hat, sorgen nun Österreichs Großveranstalter für zusätzliche, unnötige negative Schlagzeilen.
Nachdem im Frühjahr mit dem Wien Marathon, dem Salzburg Marathon und dem Linz Marathon drei der vier größten Marathonveranstaltungen Österreichs aufgrund COVID-19 abgesagt wurden, stichelte nun der im Oktober geplante Graz Marathon mit neuen Maßnahmen und Aussagen gegen die konkurrierenden Veranstaltungen.
Graz Marathon garantiert sechs Monate vor dem Marathon Rückerstattung
In einem offenen Brief kritisierten die Organisatoren des Vienna City Marathon, des Salzburg Marathon">Salzburg Marathon und des Österreichischen Frauenlauf die öffentliche Kommunikation des Graz Marathons (Termin: 11. Oktober 2020), der via Newsletter verkündete, dass im Falle einer Absage die Startgelder zur Gänze zurückerstattet oder diese für das Folgejahr übertragen werden können: „Du kannst Dich ruhig in Graz anmelden, denn Dein Startgeld ist sicher. Entweder bekommst du es zurück oder du kannst im nächsten Jahr starten."
"Obwohl auch die Regelungen des Graz Marathon">Graz Marathon eine andere Sprache sprechen," kontern im offenen Brief die Veranstalter der abgesagten Events.
Teilnehmer haben eine Recht auf Rückerstattung
Die Aussage des Graz Marathons zu diesem Zeitpunkt der Coronakrise spielt den anderen Großveranstaltungen in Österreich, die abgesagt wurden, einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Denn diese planen nach derzeitigen Informationen nicht mit einer vollen Rückzahlung des Startgeldes, obwohl den Teilnehmern rechtlich gesehen eine Rückerstattung des Startgeldes zusteht:
"VerbraucherInnen, die bereits für (...) Sportveranstaltungen bezahlt haben, haben das Recht auf Rückzahlung des Kaufpreises. Der Grund für die Absage liegt nicht in der Sphäre der KundInnen. VeranstaltungsbesucherInnen können sich natürlich mit den Veranstaltern auf einen späteren Termin einigen oder Gutscheine statt des Kaufpreises nehmen, das heißt auf eine Alternative zur Kaufpreisrückforderung einigen," steht seit 11. März auf der Seite des Verbraucherrechtes (VKI) geschrieben.
Veranstalter spielen auf Zeit
Nach derzeitigen Stand konnten wir von keinem der oben genannten abgesagten Großveranstaltungen konkrete Informationen über den Ablauf der Rückabwicklung finden. Der Österreichische Frauenlauf überlegt eine Verschiebung in den Herbst, die definitiv abgesagten Marathons in Salzburg und Wien haben noch keine konkreten Entscheidungen getroffen.
Der Salzburg Marathon">Salzburg Marathon etwa schrieb am 24. März über die sozialen Medien: "(...) Wir danken euch für eure Geduld und euer Verständnis, während wir diese Situation zu meistern versuchen. Unser Geschäftsbetrieb ist bis auf weiteres auf Heimarbeit umgestellt. Entsprechend bitten wir Euch um Nachsicht, dass wir derzeit nur dringlichste Aufgaben erledigen können. Mit einem Kompensationsangebot werden wir in einem Newsletter auf alle Angemeldeten zukommen. Wir bitten alle jene, die bei der Anmeldung eine Versicherung abgeschlossen haben, sich über den Link in ihrer Anmeldebestätigung an die Versicherung zu wenden (...)". Der Chef des Wien Marathons, Wolfgang Konrad verwies auf die AGB's, die vorsehen, das bei einer Absage im Falle höherer Gewalt keine Rückerstattung vorgesehen ist, aber an einem Kulanz-Angebot gearbeitet wird.
Laut Schreiben des Verbraucherrechts steht den Teilnehmern allerdings eine Rückzahlung zu. Doch auch nach mittlerweile einem Monat tappen die Teilnehmer weiterhin im Dunklen.
Was Österreich nicht kann, dass kann Deutschland!
Während in Österreich die Rückabwicklung der Startgelder bei einigen Großveranstaltungen für große Verwirrung sorgt, handeln die meisten Großveranstalter Deutschlands vorbildlich, großzügig und um ein Vielfaches transparenter. Einige Veranstalter bieten den Läufern und Läuferinnen mehrere Varianten an, wie etwa der Hannover Marathon, der alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen über sechs verschiedene Varianten informierte, die von voller Rückzahlung des Startgeldes bis zur Beibehaltung des Startgeldes gehen. Auch eine teilweise Rückzahlung oder ein Gutschein für 2021 oder 2022 ist möglich. Die Resonanz der Läufer und Läuferinnen war durchgehend positiv.
Doch wieso funktionieren solche Maßnahmen nicht in Österreich? Der Österreichische Leichtathletikverband schrieb in seiner jüngsten Aussendung, dass es für viele Laufveranstalter ums Überlegen ginge und bittet darum, dass nicht alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen beginnen sollen, die bereits bezahlten Beträge von den Veranstaltern zurückzufordern.
Den Veranstaltern sollte allerdings bewusst sein, dass die Bereitschaft auf Kooperation der Läufer und Läuferinnen gegenüber dem Veranstalter nicht von ewiger Dauer sein wird, wenn auch nach Wochen keine transparente Lösung zur Rückabwicklung angeboten wird. Was Deutschlands Veranstalter auf die Reihe bekommen, sollten doch auch die genannten Veranstalter in Österreich hinbekommen? Eine ähnliche Lösung wie beim Marathon in Hannover sollte doch auch von Wien und Salzburg zu schaffen sein?
Jeder gegen Jeden statt Solidarität?
In einem öffentlichen Brief an den Graz Marathon">Graz Marathon erwähnten die Veranstalter der Marathons in Wien und Salzburg sowie der Österreichische Frauenlauf, dass Solidarität und Zusammenhalt auch unter den Veranstaltern in dieser schwierigen Zeit erforderlich sei. Gleichzeitig fühlen sich allerdings immer mehr Teilnehmer aufgrund fehlender Informationen von Seitens der Veranstalter im Stich gelassen.
Der offene Brief
Entnommen aus der Facebook-Seite des Salzburg Marathons
Liebe Laufbegeisterte!
Aus gegebenen Anlass haben die Veranstalter des Vienna City Marathon (VCM), des Salzburg Marathon">Salzburg Marathon und des Österreichischen Frauenlaufs beschlossen, nachfolgenden gemeinsamen Brief an den Veranstalter des Graz Marathon">Graz Marathon zu verfassen.
„Mit großer Verwunderung haben wir den Newsletter des Graz Marathon">Graz Marathon gelesen und am Ostermontag den Beitrag auf ORF online zur Kenntnis genommen.
Wir als Familienunternehmen ringen momentan alle mit den wirtschaftlichen Folgen unserer Absagen. Dabei sind wir auch im gegenseitigen Austausch und suchen nach gemeinsamen Lösungen, die wirtschaftlich möglich sind und bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit Verständnis aufgenommen werden können.
Alle Unterzeichner dieses Schreibens wurden kurzfristig und zu einem zeitlich ungünstigen Zeitpunkt mit der Untersagung ihrer Veranstaltung konfrontiert. Wir waren sozusagen mit Höchstgeschwindigkeit unterwegs und mussten eine Vollbremsung hinlegen. Ein Großteil der Vorbereitungen und Vorleistungen ist schon erbracht worden. Die vollständige Rückzahlung aller Nenngelder oder der 100%ige Übertrag von Startplätzen auf das kommende Jahr würde daher das Ende unserer Veranstaltungen bedeuten.
Wir stellen uns nun aber die Frage:
Warum kommuniziert der Graz Marathon">Graz Marathon in der jetzigen Situation, sechs Monate vor seiner eigenen Veranstaltung, wie er im Falle einer Absage mit Nenngeldern umgehen würde?Der Vienna City Marathon, der Österreichische Frauenlauf, der Salzburg Marathon">Salzburg Marathon und auch der Linz Marathon">Linz Marathon stehen im gegenseitigen Austausch und haben noch vor der jeweiligen Absage die Online-Anmeldungen geschlossen, um sich nicht Vorwürfen auszusetzen, Nenngelder zu lukrieren für ein Event, dessen Durchführung in Frage steht. Vorbildlich auch der Veranstalter des Wachau Marathon, der am 27. September 2020 stattfinden soll. Die Anmeldemöglichkeit dazu wurde geschlossen, um die weitere Entwicklung abzuwarten.
Eigentlich hätten wir uns gedacht, dass erfahrenen Veranstaltern die Tragweite ihres Handelns bewusst ist, dass sie das weitere gesellschaftliche Umfeld beachten und dass sie die Solidarität, die derzeit in der österreichischen Laufszene entsteht, mittragen. Leider wurden wir enttäuscht.
Mit der Newsletter-Aussendung des Graz Marathons wird der gesamten Laufszene, die sich vielleicht für einen Start in Graz entscheiden könnte, Sicherheit signalisiert. Während wir Frühjahrs-Laufveranstalter mit enormen wirtschaftlichen Folgen kämpfen, suggeriert der Graz Marathon">Graz Marathon bereits sechs Monate vor der Veranstaltung: „Du kannst Dich ruhig in Graz anmelden, denn Dein Startgeld ist sicher. Entweder bekommst Du es zurück oder Du kannst im nächsten Jahr starten.“
Obwohl auch die Regelungen des Graz Marathon">Graz Marathon eine andere Sprache sprechen.
Nicht im Entferntesten hätten wir uns gedacht, dass ein größerer österreichischer Veranstalter im Alleingang eine solche „Marketing Show“ abzieht. Denn auch der Graz Marathon">Graz Marathon kann in diesen Zeiten keine Sicherheit bieten. Dass ein halbes Jahr vor dem geplanten Event-Termin erst ein geringer Teil der Anmeldungen vorliegt, ist mit etwas Branchenerfahrung leicht zu erkennen. Den bereits angemeldeten Läuferinnen und Läufern nun eine 100% Übertragung oder Refundierung des Nenngelds in Aussicht zu stellen, ist im doppelten Sinn des Wortes billig. Frei nach dem Motto: ,Schaut, was in Graz möglich ist, was anderswo nicht geht.'
Bezeichnend auch das Zitat in einem Artikel auf ORF.at (Titel: „Coronavirus - Nach Absagen: Singlestatus für Graz-Marathon“):
„Wir haben jetzt als Ersatztermin für den Wien-Marathon auch die österreichischen Meisterschaften im Marathon über den ÖLV gemeinsam in Abstimmung auch zugesprochen bekommen (…)“Nach Rücksprache beim Österreichischen Leichtathletik-Verband (ÖLV) stellt sich jedoch heraus, dass der Termin des Graz Marathons aus mehreren Gründen nicht für günstig gesehen wird und diese Meisterschaften noch nicht vergeben wurden.
Also, auch das nur eine Marketing Show.“Mit freundlichen Grüßen
Unterzeichner:
Vienna City Marathon
Salzburg Marathon">Salzburg Marathon
Österreichischer Frauenlauf
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Kommentare
1. nicht direkt Kontakt mit dem Veranstaler des Graz Marathon aufnehmen, sondern einen öffentlichen Facebook Post?!?!
2. warum die Teilnahmegebühr nicht rückerstattet wird?
jeder Konzertveranstalter, jeder kleine Kulturbetrieb, jeder Sportverein, alle haben die Ticketeinnahmen anstandslos zurück erstattet. das in AGBs anscheinend rechtswidrig anders zu regeln ist auch unter aller Würde.
3. Jeder Veranstalter kann doch anbieten was er will, von der kostenlose Teilnahme bis zur Rückerstattung im Absagefall.
es ist eine schwierige, noch nie dagewesenen Situation, in der vor allem kleine Veranstalter um ihre Existenz kämpfen. echt wahnsinn was sich die großen hier rausnehmen. ist so wie addidas die Miete nicht zahlen kann aber Milliarden Umsätze macht
Bin aber gespannt auf den Graz Marathon, was sie dann tatsächlich machen, wenn im Herbst abgesagt wird.
Ich wäre als Läufer für eine 50% Rückzahlung oder Übertragung des Startplatzes auf 2021 durchaus bereit. Aber verarschen lasse ich mich bitte nicht, dann stelle auch ich als Läufer stur. Wieso man hier nach Wochen den Läufern keine Lösung anbietet, ist mir unklar. Zeit hat man ja scheinbar genug, wenn sogar noch Zeit bleibt, andere Veranstalter anzugreifen.