Legendäres Ultrarennen ist zurück: Südafrika dominiert die Männerkonkurrenz, Eklat beim Frauenrennen. Leider auch Todesfälle!
Frühmorgens standen vor dem Rathaus (in Pietermaritzburg) 30 Gestalten. Sie warteten darauf,dass jemand eine Pistole abfeuerte und sie auf eine Pionierreise zu Fuß an die Küste im fernen Durban schickte - unvorstellbare 54 Meilen entfernt.
Kurz nach 7 Uhr dröhnte ein Schuss durch die Stadt und das größte sportliche Spektakel der Welt nahm seinen historischen Beginn. Das war im Mai 1921.
Es war damals natürlich keine große Extravaganz, aber es hat sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem phantastischen "Schauspiel" gewandelt. So ähnlich könnte ein Bericht geklungen haben,der das damalige Geschehen beschreiben wollte.
Jetzt, bereits mehr als 100 Jahre später, erfolgte der Neustart des sehnsüchtig erwarteten Ultrarennens im südlichen Afrika. Diesmal, wie in der Gründerzeit von 1921, als "Down-Race", also mit Start am Rathaus von Pietermaritzburg und Ziel im Stadion von Durban am Indischen Ozean.
Drei Jahre nach der letzten Ausgabe - vor einer Corona-bedingten Pause - kehrte der legendäre Comrades Marathon zurück und wurde dem Niveau der vorherigen Ausgaben,die mit Dramen und Geschichten der Hoffnungen im Überfluss behandelt wurden, voll gerecht. Mehr noch, es war ein Festival der südafrikanischen Teilnehmer im mit Spannung erwarteten Männerrennen.
Hier gewann der Südafrikaner Tete Dijana eindrucksvoll und letztlich sicher den Wettstreit, während die russische Läuferin Alexandra Morozova nach einem Rechtsstreit triumphierte. Dazu wurde bereits kurz berichtet, mehr an späterer Stelle.
Tete lief im gesamten Rennen sehr überzeugend und zweckmäßig zum Comrades-Titel vor seinem Teamkollegen,Trainingspartner und Titelverteidiger 2019 Edward Mothibi.
Er absolvierte den "Downrun" in 5:30:38 Std. und lag damit komfortabel vor dem zweitplatzierten Mothibi,der bei 5:33:46 Std.einlief. Dan Moselakwe komplettierte das Podium als Dritter (5:36:25 Std.). Alle drei genannten Läufer gehören dem Nedbank Running Club an,weshalb man nach dem Zieleinlauf dieser Läufer auch davon sprach,dass der Nedbank Running Club den "Comrades Marathon 2022 grün färbt",entsprechend der grünen Trikotfarben. Also, wieder ein "Green Dream Team" Erfolg auf der ganzen Linie !
Der Sieger Tete, der als Wachmann auf dem Campus der heimischen North West University arbeitet,erklärte: "Ich habe keine Worte.Ich habe drei Monate gebraucht,um mich auf diesen Marathon vorzubereiten,sagte Dijana gegenüber SuperSport TV. "Ich habe unbezahlten Urlaub genommen...Dieser (Marathon) gehört Mafikeng (Heimatgemeinde).
Edward Mothibi gewann es 2019. Und ich habe es jetzt gewonnen." Beide entstammen der gleichen Heimatprovinz.
Als Teil des beeindruckenden Nedbank Running Teams gab es Fragen,ob Dijana genügend Erfahrung für dieses Rennen haben würde,schließlich war es erst seine zweite Teilnahme an diesem speziellen Ultramarathon,denn 2019 hatte er lediglich den 50.Platz belegt. Doch er überzeugte bereits im Vorfeld des Comrades,als er im Frühjahr beim 50-Kilomter-Weltrekordlauf schon Zweiter in 2:44:09 Std. wurde. Auch diesmal vor Teampartner Edward Mothibi,ein Wink des Schicksals?
Beide liefen lange Zeit im Tandem,bevor sie einen Teamkollegen etwa 20km vor dem Ende des Rennens einholten,der unterwegs einen neuen Halbzeitrekord mit atemberaubender Zeit von 2:26:30 Std.(für 45km) aufstellte. Danach war es nurmehr ein Ausscheidungsrennen der beiden Nordwestler, bevor Mothibi auf den letzten 10 Kilometern langsam müde wurde und Dijana seinen großen Erfolg absicherte.
Für seinen Comrades-Traum und das Opfer eines unbezahlten Urlaubs wurde der 34jährige Dijana gut belohnt. Er gewann 260.000 Rand plus 100.000 Rand zusätzlich als erster Südafrikaner. Am Ende bekannte Dijana noch: "Während des gesamten Marathons sind wir alle als Team gelaufen...,"und auf Rang 2 einlaufend, lächelte der Titelverteidiger Mothibi nur,als er seinen Trainingspartner und Teamkollegen herzlich umarmte.
Das Frauenrennen
Es gewann die Russin Alexandra Morozova mit einem umstrittenen Sieg,den sie erst einen Tag nach Bekanntgabe eines Gerichtsurteiles (bereits berichtet) absichern konnte.
In Abwesenheit der Titelverteidigerin und Streckenrekordhalterin Gerda Steyn (Südafrika),die sich auf einen Herbstmarathon konzentriert,war die Russin in 6:17:48 Std.als Erste vor der Polin Dominika Stelmach (6:25:09 Std.) und der Südafrikanerin Adele Broodryk (6:26:35 Std.) im Ziel. Dominika Stelmach hatte extra für den Comrades das 100km-Weltmeisterschaftsrennen in Berlin abgesagt.
Morozova sagte: "Es war unglaublich. Es war einer meiner Träume (diesen Marathon zu gewinnen). Es ist eines der schwierigsten Rennen. Ich bin froh,dass ich heute hier sein und das erreichen konnte",sagte sie durch einen Dolmetscher. "Ich bin extrem glücklich. Ich war an der Reihe,in diesem Jahr den Sieg zu holen."
Ob sie allerdings ihr Preisgeld erhalten wird,entscheidet das Gericht erst im November.
Inhaltsreich an Geschichten,Überraschungen,Skandalen und leider auch Dramen war der Comrades schon immer gewesen. Diesmal musste tragischerweise auch von zwei Todesfällen berichtet werden. Wie eine Zeitung in Südafrika festhielt: "Two dead are two too many...!"
Positives zum Schluss, es erreichten insgesamt 11.712 Teilnehmer das Ziel im Durban-Stadion. Als Allerletzte eine Frau innerhalb der strengen Zielschranke von genau 12 Stunden,nämlich mit 11:59:59 Stunden. Und alle waren sich einig mit dem Leitspruch: "Wir starten als Fremde und gewinnen als Freunde",abgeleitet vom Laufnamen Comrades, der ein Kameradschaftsgefühl und eine große Einigkeit vermittelt.
Fotos: © Pauls Henman, KZN Weddings
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