Obwohl „the people’s race“ auch während der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, ist es mir bisher organisatorisch nicht gelungen, in Moshi, wo sich alles um den Kili dreht, zu starten.

Hauptgrund war ein von den Fluglinien eingeforderter 48-Stunden alter negativer PCR-Test bei der Rückreise, den trotz mehrfacher Anfrage meinerseits kein Labor vor Ort garantieren konnte. Somit hätte ich meinen Aufenthalt in Tansania mit großer zeitlicher Flexibilität buchen müssen. Das erschien mir zu mühsam.

Neu motiviert hat mich Ende Oktober 2023 meine Teilnahme am Standard Chartered Nairobi Marathon, bei dem ich mit „Marathontouristen“ aus Tansania zusammengekommen bin. Längst ist der Laufboom auch in (Ost-)Afrika erkennbar, viele junge sportliche Menschen nehmen weite Anreisen in Bussen auf sich, um dabei zu sein. Allerdings ist deren Respekt vor der Langdistanz groß, nachfolgende Halbmarathonläufer wirkten erstaunt, als sie meine Startnummer zu Gesicht bekamen und feuerten mich sogar an. Nachher im Zielbereich schwärmte eine Gruppe von tansanischen Studenten über ihren speziellen Marathon in Moshi, wo die Versorgung umso vieles besser sei als in Nairobi. Für mich zählen allerdings nicht üppige Labestellen, sondern nach dem Finish der Länderpunkt. Zudem verbindet man mit dem Kilimandscharo Marathon auch einen Hauch von Abenteuer. Der Kibo als Teil des Massivs gilt mit 5.895 m als höchster Berg Afrikas und ist für Kletterer und Wanderer ein Mythos.https://vg04.met.vgwort.de/na/536a750152714f449735bad0f9ccedcb

Anmeldung und Visabesorgung

Ich rechne schon gar nicht mehr damit, dass meine Marathonanmeldungen ohne Panne oder Blockade ablaufen. Auch diesmal ist es nicht anders, meine Visa-Kreditkarte wird von der Nedbank (die Anmeldung und Bezahlung erfolgt unter Einbindung eines südafrikanischen Dienstleisters) abgelehnt (declined). Ich frage per E-Mail an, ob ich die 1596 Rand (ca. 75 Euro) etwa über PayPal anweisen könne. Nur mehr 10 Tage bleiben mir bis zum Anmeldeschluss. Card Complete, für Zahlungen mit Visa in Österreich alleinverantwortlich, findet zwar keine ad hoc Lösung, doch es mit einer zweiten Visakarte aus der Familie zu probieren, wenn mehrere Versuche mit der eigenen gescheitert sind, sollte sich als zielführend erweisen. Am 11.Januar 2024 wird mein „Online Entry” bestätigt.

Kilimanjaro Marathon

Für Tansania brauchen Österreicher/Europäer/viele Überseeländer ein Visum, das man zwar auch  vor Ort „on arrival“ bekommt, aber darauf wollen sich die meisten wegen der Wartezeit nicht einlassen. Ich wähle den vom österr. Außenministerium angeführten Link und melde mich an. Alles scheint einfach zu sein, ein aktuelles Passfoto sowie ein Scanimage des Reisepasses uploaden, ebenso eine Bestätigung der Hotelbuchung. Doch als ich wieder mit Visa bezahlen will, wird dies erneut abgelehnt. Auch meine Maestro-Karte wird nicht akzeptiert.

Im Netz bieten sich diverse Dienstleister an, gegen einen Aufschlag auf die offiziellen 50 USD das Visum besorgen zu können. Bis zu 150 Euro mehr würde diese Hilfe kosten. In Österreich gibt es keine Botschafts- bzw. Konsularvertretung für Tansania, so rufe ich in Berlin an. Die Dame ist schnippisch, lässt mich gar nicht zu Wort kommen und empfiehlt, es bei der Einreise zu besorgen und legt auf. Ich probiere fast eine Woche wieder und wieder mit mehreren Kreditkarten die Buchung abzuschließen. Alles vergeblich – so entscheide ich mich für den mit 99 Euro (statt 50) günstigsten Hilfsdienst, der in Berlin seinen Sitz hat. Eine ganze Woche verstreicht, ich rechne nicht mehr damit, dass es noch klappt.

Am 14. Februar landet der A350 Airbus von Qatar Airways in Doha knapp vor Mitternacht, wo ja übermorgen der Marathon stattfinden wird. Im Hotel angekommen, öffne ich die gmx-Box und siehe da: Evisa Express schickt mir ein E-Mail mit Anhang von 5 Seiten zum Ausdrucken. Das ist nun doch eine erfreuliche Nachricht und bedeutet eine Sorge weniger.

Anreise nach Moshi über den Kilmandscharo Airport (JRO)

Kilimanjaro Marathon

Nach dem Marathon in Doha (16.2.) fliege ich für 5 Tage quasi zur Erholung nach Dubai, verbringe die meiste Zeit am gut ausgebauten öffentlichen Strand an der Jumeirah Beach, einige Hundert Meter vom Burj Khalifa entfernt. Am 21. Feb. geht es wieder zurück nach Doha und am nächsten Tag schließlich mit einem Dreamliner (787-900) von Qatar Airways nach Tansania über Daressalam mit einem Stopp von ca. 1 ½ Stunden und schließlich weiter zum internationalen Kilimandscharo Airport.

Gegen 16 Uhr 30 landet der Flieger, mein gebuchter Sitz 12 C ist weit vorne – so komme ich gleich nach den Business Class Reisenden rasch aus der Maschine. Man will meinen Gelbfieberstempel sehen – ich habe zwar daran gedacht, dass man bei der Einreise u.U. einen Impfnachweis erbringen muss, aber ich entgegne, dass ich aus Mitteleuropa komme und nicht etwa aus Westafrika. Trotzdem habe ich den Impfpass dabei, die Impfung Ende Januar wegen einer geplanten Reise nach Surinam im März vorsorglich schon früher erhalten.

 

Kilimanjaro Marathon 24 1709418819

Dank des Visums bin ich in wenigen Minuten „abgefertigt“, ich darf einreisen. Etwas Bargeld benötigt man immer, für 50 Euro bekomme ich rund 127.000 Tansania-Schilling (1 Euro = 2750 TZS). Im Reiseführer werden die Kosten für eine Taxifahrt mit einem Fixpreis von 50 USD ausgewiesen, ich will nur 40 zahlen, wir einigen uns auf 45 USD für die ca. 25 km nach Moshi, eine Stadt im Norden Tansanias mit ca. 220.000 Einwohnern und nahe der Grenze zu Kenia, wo ich in der Glacier View Lodge 5 Nächte gebucht habe. Die Fahrt auf der Überlandverbindung (in die Gegenrichtung geht es nach Arusha) bietet viele bleibende Eindrücke vom einfachen Landleben. Die Armut (gemessen an westlichen Begriffen) ist allgegenwärtig. Der einheimische Fahrer, der mit weniger als 50 km unterwegs ist, fährt hinter LKWs, kann nicht überholen – es stinkt nach Abgasen. Leider kennt er mein gebuchtes Hotel nicht, erst als ich darauf hinweise, dass meine Unterkunft gegenüber vom Keys Hotel und nahe beim MoCu Stadium liege, wo am Sonntag der Marathon gestartet werden wird, findet er hin. Die Lodge hat nun einen anderen Namen, statt Glacier View nennt es sich Uphill Hotel.

Es ist schon gewöhnungsbedürftig, wenn man von 3 und 4 Sterne-Hotels in eine grüne Anlage mit Bungalows kommt, die aber insgesamt afrikanische Einfachheit repräsentiert. Statt Klimaanlage im Zimmer ein Ventilator, der nur kalte Luft im Raum verbläst, aber die Stauhitze nicht beseitigt. Mit einer Verkühlung bin ich am 14. Feb. nach Doha gekommen, die dort binnen eines Tages wie weggeblasen war. Am nächsten Morgen stelle ich nun hier in Moshi fest, dass sie wieder akut geworden ist – weil ich die ganze Nacht ohne Decke unter dem Gebläse wohl mit offenem Mund geschlafen habe.

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In der Anlage sind alle Räumlichkeiten belegt, ich bin der einzige Nichtafrikaner, sonst sind hier vorwiegend Läufer aus Kenia und Uganda. Wir kommen beim Frühstück ins Gespräch, die jungen Kollegen, von denen keiner 35 Jahre alt ist, wollen an einem der Tage vor dem Marathon zu den Materuni Waterfalls und danach ev. nach Chemka zu den warmen Quellen fahren.

Kilimanjaro Marathon

Ich spaziere gegen Mittag an meinem zweiten Tag in das nahe Zentrum vom Moshi, besuche einen Souvenirshop, kaufe dort einige Postkarten. Es ist heiß und schwül, ein kühles Kilimanjaro Lagerbier tut gut. Auf dem Rückweg vom Postamt besorge mir im Supermarkt einige Essensvorräte, wie Joghurt, Kekse, Brot und dergleichen, die es heute beim Frühstück nicht gegeben hat. Mit dem TukTuk, von denen es in Moshi und Umgebung Hunderte gibt, fahre ich um 2000 TZS zurück zum „Hotel“.

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Abholung des Startpaketes im USHIRIKA Stadium

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Der Freitagnachmittag ist ein guter Zeitpunkt, um ins nahe Stadium der Moshi Co-Operative University (MoCU) hinauf zu spazieren. Langsam mache ich mich mit den Örtlichkeiten vertraut, eines steht fest: „Moshi is hilly“, auch in der Stadt selbst bewegt man und der Verkehr sich entlang von Geländestufen.

Kilimanjaro Marathon

In einem Zelt werden die Unterlagen ausgegeben. Man verlangt von mir keinen Lichtbildausweis, ich habe einen Ausdruck der Zahlungsbestätigung dabei, das genügt. Das im Startpaket enthaltene Marathonshirt ist vom Design her gesehen eine Augenweide, jenes der Halbmarathonläufer, in blau statt in Gelb gehalten, nicht minder attraktiv. Neidisch kann man werden, wenn Letztere auch noch eine Sonnenkappe gratis dazu bekommen. Ich schaue mich noch ein wenig um, heute baut man quasi erst alles auf. Morgen am Samstag wird hier viel los sein. Nur werde ich diesen Tag nicht hier, sondern bei einem Ausflug zu den Materuni Wasserfällen verbringen.

Gebuchte Tour zu den Waterfalls mit Kaffeverkostung

Um pauschal 50 USD gönne ich mir etwas Sightseeing mit einem eigenen Tourguide. Der TukTuk-Fahrer versucht zu imponieren, als er seinem dreirädrigen Zweitakter mit ca. 8 PS auf der steilen, steinigen Straße mit der typisch braunen Erde hinauf ins 15 km entfernte Materuni, letzter Ort vor dem Kilimandscharo Nationalpark, quasi alles abverlangt. Er überholt laufend andere Fahrzeuge und wirbelt dabei viel Staub auf, den ich einatme und der auch meinen blauen Rucksack überzieht. Bei der Buchung wurde ich darauf hingewiesen, dass sich vor Ort zwei Guides einfinden werden, von denen einer mich zu den Wasserfällen bringen, der andere dann die Kaffee-Tour leiten wird. Es sei üblich, diese nach eigenem Gutdünken abzugelten.

Kilimanjaro Marathon

Ich bin aber überrascht, als ich höre, dass der Marsch zu den Wasserfällen an den Hängen des Kilimandscharo vom 1800 m hoch gelegenen Ort Materuni, wo man sich in ein Besucherbuch eintragen muss, zumindest eine halbe Stunde dauern wird. Mit den Sandalen komme ich gleich am Anfang auf den z.T. schottrigen und mitunter auch steilen Passagen über Grate etwas ins Rutschen. Als beim Draufsteigen auf einen Stein dieser wegdreht, mache ich mir die Füße in einem Rinnsal nass. Dennoch handelt es sich nur um eine beschauliche Wanderung, einen kurzen Spaziergang durch Hügel und Täler. Wir kommen an imposanten Bananen- und Kaffeeplantagen vorbei, William, der erst 18-jährige Guide, erläutert in einfachem Englisch die Pflanzenwelt.

Kilimanjaro Marathon

Laufend kommen uns Wanderer aus der Gegenrichtung entgegen, es sind vorwiegend weiße Touristen, aber auch Farbige aus den Nachbarländern, die den Marathonaufenthalt für einen Besuch der Wasserfälle nutzen. Ich bin mit drei jungen Leuten aus Uganda unterwegs, sie alle wollen unterhalb der Fälle sogar baden.

Kilimanjaro Marathon

Doch als wir dorthin kommen, schreckt mich der kalte Luftzug des aus 80 m herabstürzenden Gletscherwassers davor ab. Ich habe zwar eine Badehose an und ein Handtuch mitgenommen, doch ich werde lieber aus der Distanz das Geschehen beobachten und einige Fotos machen. Ein Kollege aus dem Uphill Hotel bleibt minutenlang im Wasser sitzen, auch seine weibliche Begleiterin scheint das nur ca. 18 Grad C „warme“ Gletscherwasser zu genießen.

Kilimanjaro Marathon

Zurück geht es etwas schneller voran, die Kaffeeführung beginnt erneut in Materuni, ein Stammesdorf der bantusprachigen Chagga von etwa 800.000 Menschen. Dieses Volk lebt rund um das Kilimandscharo-Massiv in Tansania und betreibt vorwiegend Ackerbau (Kaffee, Bananen) und Viehzucht (Schweine).

Kilimanjaro Marathon

William ist zwar immer noch unser Guide, doch er übergibt an zwei Chagga-Leute, welche die kleine Gruppe in eines der typischen überdachten Kaffeefarmhäuschen führen. Dort erfahren wir alles Wichtige, wo an welchen Hängen Kaffeepflanzen am besten gedeihen, wie lange die Bohnen bis zur Ernte reifen müssen, wie diese aufbereitet werden sollen und schließlich wie eine frische Tasse Kaffee nach Chagga-Art geröstet und zubereitet wird. Jeder ist eingeladen beim Zerstampfen der Bohnen in einem Holzgefäß abwechselnd mitzuhelfen. Die beiden Guides singen dazu die bekannten Verse von Hakuna matada (im Film „König der Löwen“ wieder bekannt geworden): „Jambo, jambo bwana (Hello, hello Sir), habari gani (How are you?), nzuri sana (Very fine), wageni, mwakaribishwa (Foreigners, you’re welcome), Kilimanjaro, hakuna matata (Kilimanjaro, there is no problem) …“

Kilimanjaro Marathon

Die Folklore gehört dazu, auch wenn der Kitsch dann mit dem Verkauf von handgemalten, aus meiner Sicht eingeschränkt künstlerischen Acrylbildern auf Leinwand seinen Höhepunkt erreicht. Weiße Touristen zahlen 35.000 TZS, eine Kenianerin bekommt ein Bild mit dem Kilimanjaro Motiv um „nur“ 20.000 TZS. Auch Kaffee in bunten 1 kg Säckchen wird angeboten, ich überlege kurz, doch meine Reisetasche ist schon jetzt so voll bepackt, dass ich kaum mehr Platz für Unnötiges habe.

William bekommt sein Trinkgeld, 5 USD ist die Mindestnorm pro Person, die anderen beiden Guides schneiden schlechter ab, weil der Verkauf der Utensilien eher dürftig ausfällt. Es geht mit dem gleichen TukTuk zurück nach Moshi, wegen der Schräglage auf der nicht asphaltierten Straße denke ich während der Fahrt an das Szenario eines Unfalls, bei dem sich das Gefährt, dass bis zu 50 km/h erreicht, überschlagen könnte. Es passiert nichts, der Fahrer hat alles im Griff.

Abendessen in einem lokalen „Restaurant“

Innerlich bereite ich mich auf den morgigen Marathontag vor. Dazu gehört ein ordentliches Abendessen. Die Mahlzeit gestern im „Hotel“ entsprach nicht meinem Geschmack, das Hendlfleisch war nicht durchgebraten, der Reis mit Zwiebel aber bekömmlich. Lucy, eine Angestellte gibt mir den Tipp, hinüber zu den „Containern“ zu gehen, nur 300 m weiter befinden sich sozusagen mobile Restaurants. Das mache ich am Vorabend des Marathons und esse dort, wo die Einheimischen verkehren. Die hygienischen Verhältnisse sind so, dass bei uns in Österreich eine Betriebsschließung per Vorhangschloss eingeleitet werden würde, hier ist alles bestens und es bleibt wie es ist: in einem Kübel werden rohe Schweinefleischteile ungekühlt aufbewahrt, die im Laufe des Abends auf offener Flamme gebraten werden. Tomaten, Zwiebel, Salat, alles frisch und greifbar. Ein junger Mann wäscht das Geschirr – in reinstem Schmutzwasser ohne Spülmittel. Ich kenne mich ein wenig aus, denn in den 1970er-Jahren habe ich selbst als Abwäscher auf Paradise Beach in Mykonos täglich einige Stunden für Unterkunft (am Zeltplatz gratis), Verpflegung und 100 Drachmen gearbeitet, auch wir hatten kein Warmwasser.

Ich bestelle eine Portion geröstetes Schweinefleisch mit Tomatensalat, dazu ein Kilimanjaro Lagerbier. Wie gut es dann schmeckt und wie zufrieden ich bin, lässt sich nicht in Worte kleiden. Die Küchenfrau ist bemüht, nett, hat Charme und kommt mir entgegen – ich nehme mir vor, fortan bei ihr zu essen und die Infrastruktur dieses „Restaurants“ in all seiner Natürlichkeit zu nutzen.

Der Kilimanjaro Marathontag – Hauptgrund meiner Reise nach Tansania

Das Uphill Hotel ist ausgebucht, es sind nur Marathonläufer einquartiert. Daher gibt es auch schon um 5 Uhr eine Frühstücksoption. Ich bestelle drei Spiegeleier (mit „sunny side up, no turn over“), andere lieber 3- oder 5-Minuten-Eier, ein Omelette oder afrikanische Kost, die ich weder beim Namen kenne, noch je probiert habe. Um 6 Uhr spaziere ich zum Start, begleitet von zwei jungen Leuten aus Uganda. Kovu und Nala sind Marathonneulinge, sie können es nicht glauben, dass ich schon Hunderte Marathons gelaufen bin. Ich ergänze, dass ich ja nicht mehr laufe, sondern zumeist nur schnell gehe.

Kilimanjaro Marathon

Es ist noch dunkel, als wir eine Viertelstunde vor Rennbeginn im Stadion eintreffen. Mit modernen Smartphones lassen sich taugliche Belegbilder machen, meine alte Digicam ist dafür nicht geeignet. Im Halbdunkeln erkenne ich Kollegen Dietmar Pruckner aus Oberösterreich, der zwar auch ein Marathonsammler (mit demnächst 200 erfolgreichen Läufern über die 42.195 km) wie ich ist, aber in einer anderen (sprich weit besseren) Leistungsdimension finisht. Überspitzt formuliert ist er schon auf der Heimreise, wenn ich ins Ziel komme. Wir machen einige Fotos, wobei seine Begleiterin (anzunehmen Gattin) von außen uns dabei behilflich ist.

Kilimanjaro Marathon

Pünktlich um 6:30 Uhr erfolgt der Start im Stadion. Es geht einige Hundert Meter durch das Gelände und alsbald nur mehr aufwärts. Diese Kursänderung im Vergleich zu den Vorjahren soll den Läufern den Vorteil bringen, dass ihnen die schon am Vormittag eintretende Hitze quasi erspart bleibt.

Meine Taktik für heute ist die gleiche wie fast überall: die Sache langsam und bedächtig beginnen, obwohl laut einer Mailaussendung der Marathon angeblich nach 6 Stunden geschlossen werden soll. Das wird sich für mich kaum ausgehen, vielmehr beziehe ich mich auf die Ergebnisliste des Vorjahres, wo einzelne noch mit 7 bis 7 ½ Stunden gewertet wurden.

Kilimanjaro Marathon

Es dauert nicht lange und nur mehr ein Dutzend langsame Marathonstarter sind auf dem ca. 10 km langen Anstieg mit rund 300 Höhenmeter hinter mir, aber mit dem Start der Halbmarathonläufer um 7 Uhr, die auf derselben Strecke unterwegs sind, ist bald wieder Dynamik im Geschehen. Links und rechts der Straße schauen die Menschen zu, Kinder winken, für mich hat man, Kinder wie Greise, eine Wortspende übrig, die beflügeln soll: „Babu, unaweza“, „Opa, du kannst es“. Ich hoffe schon, sonst wäre ich nicht am Start.

Kilimanjaro Marathon

Ich staune über die Versorgung, neben Wasser gibt es bereits nach 5 km Cola, etwas später dann sogar Melonenstücke. Ein Abschnitt auf Naturuntergrund mit Steinen und brauner Erde macht mir etwas zu schaffen, ich muss den linken Schuh ausziehen und auch den Socken, Sandkörner behindern mich beim Laufen. Aber die Verschnaufpause tut gut. Nun geht es nach der Wende flott hinunter – immer mehr Halbmarathonis stürmen nach und an mir vorbei. Aber mit 8:00 bis 8:30 min/km komme ich gut voran und kann sogar wieder den einen oder anderen Kollegen im gelben Leibchen einholen.

Kilimanjaro Marathon

Bei der 19 km-Anzeige kommt es zur Trennung, die Halbmarathonis laufen gerade weiter, ich und ein Typ mit einer Stars and Stripes Short, vermutlich ein US-Amerikaner, müssen nach rechts stadtauswärts abbiegen. Die Strecke führt leicht abfallend, etwas verdreht bzw. in zwei Schleifen bis zur Wende bei Kilometer 29,5. Es kommen mir nur Läufer entgegen bis ich dann bei Kilometer 22 zwei Langsamere als ich einholen kann. An dieser Stelle ist auch Dietmar schon auf dem Rückweg ins Ziel.

Kilimanjaro Marathon

Bei Kilometer 25 treffe ich auf Nala, die ihren ersten Marathon bestreitet, bald darauf winkt Tor Ronnow aus Dänemark von der anderen Seite herüber. Bequem hat es sich eine andere Marathonteilnehmerin gemacht, bereits nach der Abzweigung bei Kilometer 19 bringt sie ein Biker am Sozius zur Wende, wo sie vermutlich knapp davor abgestiegen ist und alsbald wieder am Rücksitz des Motorrades Platz genommen hat. Mir ist dies deshalb aufgefallen, weil ich sie mehrmals schon beim Anstieg auf den Berg überholt habe.

Kilimanjaro Marathon

Als ich dann wende und noch gut 12 km bis ins Ziel zu absolvieren habe, beflügeln mich die wenigen Nachkommenden auf der rechten Straßenseite. Aber es zieht sich dermaßen, auch weil die gesamte Strecke zurück immer leicht ansteigt und die Hitze rauskommt. Eine Japanerin will bei 5:58 Stunden auf meiner Uhr aufgeben, ich sage ihr auf Englisch, dass das Rennen sicher länger offen sein wird als nur 6 Stunden. Sie findet neuen Mut und bleibt dicht hinter mir. Bei Kilometer 39 geht es dann wieder stadteinwärts in Richtung Stadion. Es gelingt mir nicht, weitere Läufer vor mir einzuholen. Es beginnt leicht zu regnen, ein gutes Zeichen, denn Regen erfrischt. Der Weg ins Stadion von der anderen Seite ist verwirrend, zumal keine Markierungen zu sehen sind. Hunderte strömen aus dem Stadion, aber Tausende sind noch drinnen. Ich laufe nach 6:44 Stunden ein. Ein Korridor führt aus dem Zielgelände hinaus, mit der verpackten Medaille und einer Wasserflasche in der Hand suche ich nach einem freien Platz auf der Wiese, um mich einfach hinzusetzen. Den gibt es aber nicht – es herrscht Volksfeststimmung, ein Star tritt auf und macht Stimmung auf der Bühne, die Menschen tanzen und klatschen mit. Endlich, an einem Stand wird Bier verkauft – um 2000 TZS die Flasche. Einen Sessel von einem Mobilfunkbetreiber ergattere ich auch. Ach, wie schön ist es hier nach dem Marathon, das gekühlte Bier wirkt wie ein Elixier. Mit einer zweiten Flasche spüle ich die Müdigkeit weg.

Kilimanjaro Marathon

Wie sieht meine Bilanz aus?

Der finanzielle Aspekt ist kein Thema mehr, denn wer weite (Marathon-)Reisen unternimmt, muss seinen Geldbeutel beanspruchen. Was immer auch meine (vielen) Reisen gekostet haben, ich würde keine einzige gegen eine fiktive Rückzahlung wieder eintauschen. Einen plausibleren Grund zu verreisen als eben einen Marathon damit zu verbinden, gibt es für mich nicht. Sportlich sieht es anders aus: Ich habe auch beim Kilimandscharo Marathon einige Oldies gesichtet, die dank konstant guter Form ihrem Alter entwischt sind und somit den Beweis erbringen, dass es sich lohnt, auch mit 60, 65 oder 70 und darüber dranzubleiben.

Der Marathon selbst ist für Moshi, das seine Bedeutung dem nahen Kilimandscharo verdankt, ein weiterer Wirtschaftsfaktor. Die Buchungslage der Hotels ist hoch, das Interesse der Sponsoren wie bspw. das Keys Hotel ebenso. Die ganze Stadt steht tagelang im Zeichen des Marathons, Werbetafeln säumen die Straßen. Ich würde behaupten, dass kaum jemand am Lauf teilnimmt, der seine Bestzeit hier in Moshi verbessern will. Dazu ist der Marathonkurs mit ca. 300 Höhenmetern auf 8 km am Anfang, einer zu überbrückenden partiellen Trailstrecke und am Schluss rund 10 km konstanter leichter Anstieg nach der Wende bei 29,5 km zu selektiv.

Kilimanjaro Marathon

Aber die Organisatoren tun ihr Bestes, geringe Startgebühr im Vergleich zu großen internationalen Läufen in Europa und Übersee, für angrenzende ostafrikanische Staaten ist Teilnahme sogar um zwei Drittel günstiger. Es herrschte viel Zuspruch auf dem ersten Teil der Strecke bis zur Abbiegung bei Kilometer 19, auch die Versorgung mit Wasser, Cola und Melonenstücken wurde lange aufrechterhalten.

Der Kilimandscharo Marathon ist außergewöhnlich, keine Frage, die schöne Finishermedaille und das schicke Singlet als Zugaben komplettieren das Gesamtpaket.

Für Ländersammler ein Muss, all jene, die auch auf den Kilimanjaro hinauf wollen, müssen es sich so einteilen, dass davor oder danach eine Marathonteilnahme vom Timing her gesehen möglich ist.

Sieger bei den Männern:

1. Sulle Paul AUGOSTINO (TAN) – 02:21:06

2. Abraham KIPKOSGEI TOO (KEN) – 02:22:02

3. Elisha KIMUTAI  (KEN) – 02:22:17

Reihung bei den Frauen:

Natalia ELISANTE SULLE (TAN) –  02:51:23

Neema SANKA (TAN) – 02:51:47

Vailet Adam KIDASI (TAN) – 03:01:03

690 Finisher beim Marathon

Mein Nachprogramm

Während andere bspw. via Reiseveranstalter eine Kilimandscharo-Besteigung oder eine Safari eingeplant haben, nach Sansibar auf Badeurlaub weiterreisen, begnüge ich mich am Montag nach dem Lauf mit einem Besuch der ca. 40 km von Moshi entfernten Thermalquellen in Kikuletwa (Chemka), die dem Grundwasser des Kilimandscharo entspringen. Derselbe einheimische Reiseveranstalter, der mir die Exkursion zu den Materuni Wasserfällen ermöglicht hat, bietet um 60 USD einen Ausflug mit Lunchpaket dorthin an.

Die Fahrt auf der naturbelassenen Zufahrtsstraße auf den letzten 15 km im Tuk-Tuk ist ganz schön strapaziös. Aber das Baden im relativ warmen Wasser dann ein erholsames Vergnügen, auch wenn eine Badeinfrastruktur komplett fehlt –WCs und Umkleidekabinen sind völlig desolat. Geflickte Autoreifen als Schwimmbehelfe werden um 5000 TZS vermietet. Nicht jeder findet es lustig, wenn kleine Fische unter Wasser an seinen Zehen knabbern.

Chemka Thermalquellen

Ekkehard Krause von der deutschen Agentur Schulz Sportreisen ist mit seinen Schützlingen anwesend. Auch die Pruckners treffe ich hier wieder, sie kündigen eine 10-tägige Sansibar Tour an.

Gegen 15 Uhr geht es zurück nach Moshi. Ich steige beim Markt, um noch einige Eindrücke bildlich mitzunehmen.

Kilimanjaro Marathon

Am Dienstag um 18 Uhr reise ich nach Doha zurück, um mich dort 2 Tage in einem trockeneren Klima zu regenerieren. Am Weg zum Flughafen schreit der gleiche Taxler auf, der mich nach Moshi gefahren hat: „Look to the right, you can see the Kili now…“ Er fährt an den Straßenrand und stellt den Motor ab. Diese einmalige Gelegenheit nutze ich aus und bringe das Smartphone in die Kameraposition. Auch wenn die Wolkenschicht sich nur ein wenig verzogen hat, nun habe ich auch mehrere Fotos vom höchsten Berg Afrikas. Ein schöner Abschluss...

Weitere Fotos und alle Informationen zum Kilimanjaro Marathon


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